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Elektromagnetische Verträglichkeit in der Industrie 4.0 – der Schlüssel zu reibungslosen Produktionsabläufen

Elektromagnetische Verträglichkeit in der Industrie 4.0: Der Schlüssel zu reibungslosen Produktionsabläufen

Industrie 4.0 verändert die Art und Weise, wie wir produzieren und arbeiten. Durch die Integration von intelligenten Systemen, dem Internet of Things (IoT) und vernetzten Maschinen entstehen hochgradig automatisierte und vernetzte Produktionsumgebungen. Diese Transformation verspricht höhere Effizienz, Produktivität und Flexibilität. Allerdings bringt sie auch neue Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). Doch was genau ist die EMV – und worauf gilt es zu achten, um die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Produktionsanlagen zu gewährleisten?

Autor: Konstantin Lömtschew | | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Was bedeutet elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)?

EMV ist die Fähigkeit eines elektronischen Geräts, in seiner elektromagnetischen Umgebung zu funktionieren, ohne selbst Störungen zu verursachen oder durch externe Störungen beeinträchtigt zu werden. Diese Eigenschaft ist von zentraler Bedeutung, um die Funktionsfähigkeit der Anlagen in immer komplexer werdenden Produktionsumgebungen sicherzustellen.

Grundlagen der elektromagnetischen Verträglichkeit

Elektromagnetische Verträglichkeit umfasst zwei Hauptaspekte: die Störaussendung und die Störfestigkeit. Diese beiden Faktoren sind entscheidend für die Vermeidung von Interferenzen in einer Umgebung, in der viele elektronische Systeme dicht nebeneinander betrieben werden.

  • Störaussendung bezeichnet die unerwünschten elektromagnetischen Felder, die ein Gerät aussendet.
  • Störfestigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Geräts, in Gegenwart von elektromagnetischen Störungen weiterhin ordnungsgemäß zu funktionieren.

Welche EMV-Standards gibt es?

Weltweit existieren zahlreiche EMV-Standards, die gewährleisten sollen, dass Geräte keine störenden elektromagnetischen Felder aussenden. Standards wie die IEC 61000-Serie bieten spezifische Richtlinien für industrielle Geräte, um eine hohe Störfestigkeit und geringe Störaussendung sicherzustellen. Die Einhaltung dieser Standards sowie die regelmäßige Überprüfung und Zertifizierung sämtlicher Geräte und Anlagen tragen maßgeblich zur Wahrung der EMV bei.

Herausforderungen der Elektromagnetische Verträglichkeit in der Industrie 4.0

Die Industrie 4.0 wird durch die Vernetzung von Maschinen, Sensoren, Robotern und IT-Systemen charakterisiert. Diese Vernetzung in der Fertigungsindustrie führt zu einer erhöhten Dichte an elektronischen Geräten, was das Risiko von elektromagnetischen Störungen stetig anwachsen lässt. Darüber hinaus bringt die zunehmende Komplexität der Automatisierungslösungen eine steigende Anzahl leistungsstarker Aktoren sowie empfindlicher Signale mit sich.

Zu den häufigsten Herausforderungen im Kontext der Industrie 4.0 gehören:

  • Interferenzen durch drahtlose Kommunikation: In intelligenten Fabriken wird vielfach mit drahtlosen Technologien wie WLAN, Bluetooth und ZigBee gearbeitet. Diese können gegenseitige Interferenzen verursachen.
  • Hochfrequenzstörungen: Maschinen, die mit hohen Frequenzen arbeiten, können starke elektromagnetische Felder erzeugen, die andere Geräte stören.
  • Statische Entladungen: In Produktionsumgebungen treten gelegentlich statische Entladungen auf, die empfindliche Elektronik beschädigen oder deren Funktion behindern.

Strategien zur Verbesserung der EMV in der Industrie 4.0

Die Verbesserung der elektromagnetischen Verträglichkeit in solch komplexen Umgebungen erfordert eine sorgfältige Planung und Umsetzung von EMV-Strategien. Mehr noch: Unternehmen müssen kontinuierlich ihre EMV-Strategien anpassen, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Nur so kann Produktionsausfällen und Qualitätsproblemen vorgebeugt werden. Zu den wichtigsten Strategien in diesem Kontext zählen:

  • Designoptimierung: Schon in der Planungsphase von Geräten und Anlagen sollten EMV-Aspekte berücksichtigt werden. Darunter: die Wahl geeigneter Materialien, das Layout von Leiterplatten und die Minimierung von Schleifenflächen, die als Antennen wirken könnten.
  • Abschirmung: Auch der Einsatz von Abschirmmaterialien und Gehäusen, die elektromagnetische Felder blockieren oder reduzieren können, spielt eine wichtige Rolle in Bezug auf die EMV. Sie verhindern das Austreten von Störfeldern und schützen empfindliche Bereiche vor externen Interferenzen.
  • Filter: Die Verwendung von Filtern an diversen Schnittstellen hat sich ebenfalls bewährt, um hochfrequente Störungen zu unterdrücken.
  • Erdung und Verkabelung: Eine korrekte Erdung und ordnungsgemäße Verkabelung  sind essenziell, um das Risiko von Störströmen zu minimieren.
  • Simulationen und Tests: Zudem empfiehlt sich die Verwendung von Simulationssoftware zur Vorhersage von EMV-Problemen und die Durchführung umfangreicher Tests, um die Einhaltung der EMV-Anforderungen zu gewährleisten.

Die Rolle von Steckverbindern bei der Elektromagnetischen Verträglichkeit

Steckverbinder spielen eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung der elektromagnetischen Verträglichkeit in industriellen Anwendungsbereichen. Als passive elektromagnetische Komponente fallen sie zwar weder in den Anwendungsbereich der EMV-Richtlinie noch sind sie kennzeichnungspflichtig im Sinne der CE-Kennzeichnung. Sie sind jedoch oft die Schnittstellen, an denen Störungen in Systeme gelangen oder aus ihnen austreten.

Die Wahl der richtigen Steckverbinder und deren korrekte Anwendung sind deshalb entscheidend für eine robuste EMV-Strategie. Die Transferimpedanz und die Schirmdämpfung gelten als zentrale Kriterien zur Bewertung der EMV-Eigenschaften von Steckverbindern:

  • Die Transferimpedanz ist vor allem wichtig, wenn es darum geht, die durch den Schirm hindurchgehenden Störströme zu minimieren. Je niedriger die Transferimpedanz, desto besser ist die Abschirmung.
  • Die Schirmdämpfung gibt an, wie viel von der elektromagnetischen Energie durch den Schirm blockiert wird. Eine hohe Schirmdämpfung bedeutet eine bessere Abschirmungseffizienz.

EMV-optimierte Steckverbinder

Filtersteckverbinder kombinieren standardisierte Verbindungsmechanismen mit integrierten EMI-/RFI-Unterdrückungskomponenten. Diese blockieren elektromagnetische Störungen direkt an der Quelle. Das Ergebnis: mehr verfügbarer Platz auf der Leiterplatte und weniger Gewicht im Vergleich zu separaten Filtern.

EMV-optimierte Steckverbinder und ihre Anwendungsfelder:

  • Gefilterte D-Sub-Steckverbinder werden häufig in der Datenkommunikation und in Industriesteuerungen verwendet, um elektromagnetische Störungen zu minimieren.
  • Durchführungsfilter finden beispielsweise Anwendung in Schaltschränken, wo sie industrielle Steuer- und Regelungssysteme vor externen elektromagnetischen Störungen schützen. In Kommunikationssystemen verbessern Durchführungsfilter die Signalqualität, indem sie Hochfrequenzrauschen und andere Störungen unterdrücken.

Die Zukunft der EMV in der Industrie 4.0

Mit dem fortschreitenden Wandel zur Industrie 4.0 und der Einführung neuer Technologien wie 5G, IoT und Künstlicher Intelligenz (KI) wird die Bedeutung der EMV weiter zunehmen. Unternehmen müssen kontinuierlich ihre EMV-Strategien anpassen, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Zukünftige Trends könnten wie folgt aussehen:

  • Intelligente EMV-Lösungen: Entwicklung von adaptiven Filtern und dynamischen Abschirmungen, die sich automatisch an wechselnde elektromagnetische Umgebungen anpassen.
  • Kollaborative Robotik: Integration von EMV-Überlegungen in die Entwicklung kollaborativer Roboter (Cobots), die Seite an Seite mit der menschlichen Belegschaft arbeiten.
  • Smarte Sensoren: Einsatz von Sensoren, die nicht nur Produktionsdaten erfassen, sondern auch die elektromagnetische Umgebung überwachen und Störungen in Echtzeit melden.

Erfolgsfaktor Elektromagnetische Verträglichkeit

Sie sehen: Die elektromagnetische Verträglichkeit ist ein kritischer Erfolgsfaktor für die Umsetzung der Industrie 4.0. Unternehmen, die ihre EMV-Strategien frühzeitig und umfassend planen, können Störungen minimieren, die Zuverlässigkeit ihrer Systeme erhöhen und letztendlich ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Autor: Konstantin Lömtschew, Konstantin Loemtschew ist einer der Produktmanager bei Bürklin Elektronik und für den Bereich Steckverbinder, Automatisierung, Lüftertechnologie und das Kabel Harnessing zuständig. Er arbeitet seit 2018 im Unternehmen und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Produktmanager in der Elektronikbranche, ebenso im Bereich der Mess- und Hochfrequenztechnik und den passiven Bauelementen. Er ist im engen Austausch mit Top-Herstellern und stets auf der Suche nach innovativen Ansätzen und neuen Komponenten.