Von präventiv bis prädiktiv: Ein Leitfaden zur Auswahl von passenden Instandhaltungsstrategien
Die Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Maschinen ist ein essenzieller Bestandteil des Betriebsmanagements zahlreicher Industrien. Hierfür stehen Unternehmen verschiedene Instandhaltungsstrategien zur Verfügung. Was sind die Vor- und Nachteile der Strategien? Und welche Strategie ist für Ihr Unternehmen am besten geeignet?
Was sind Instandhaltungsstrategien?
Instandhaltungsstrategien, auch Wartungsstrategien oder Maintenance-Strategien, sind systematische Vorgehensweisen von Unternehmen. Sie dienen dazu, die Funktionsfähigkeit ihrer Anlagen, Maschinen und Infrastruktur über deren gesamte Lebensdauer hinweg zu erhalten oder wiederherzustellen.
Diese Strategien beinhalten zumeist festgelegte Prozesse, Methoden und Handlungsrichtlinien, die darauf abzielen, Betriebsunterbrechungen zu minimieren, die Effizienz und Sicherheit zu maximieren, Instandhaltungskosten zu optimieren und den Wert der Anlage zu erhalten. Sie berücksichtigen Faktoren wie die kritische Natur der Anlagen, Risikomanagement, die historische Leistung und Zuverlässigkeit von Ausrüstung, operative Anforderungen und Kosteneffizienz.
Instandhaltungsstrategien haben stets zum Ziel:
- Vermeidung ungeplanter Ausfallzeiten
- Optimierung der Wartungsaktivitäten
- Reduzierung der Instandhaltungskosten
- Verbesserung der Lebensdauer von Anlagen
Effektive Instandhaltungsstrategien können präventive, prädiktive und zustandsbasierte Wartungsansätze umfassen sowie reaktive Maßnahmen, falls erforderlich. Ziel ist es, eine maßgeschneiderte Strategie zu implementieren, die sowohl die operativen Bedürfnisse des Unternehmens reflektiert als auch eine Grundlage für kontinuierliche Verbesserung und langfristige Anlagenleistung bietet.
Welche Instandhaltungsstrategien gibt es?
Im Wesentlichen gibt es vier gängige Wartungsstrategien, die der Senkung von Betriebskosten, der Erhöhung der Sicherheit sowie der Verbesserung der Gesamtproduktivität dienen:
- Reaktive bzw. korrektive Instandhaltung
- Präventive Instandhaltung
- Vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance)
- Zustandsbasierte Instandhaltung (Condition-Based Maintenance)
- Zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung (Reliability-Centered Maintenance)
Reaktive (korrektive) Instandhaltung
Bei der reaktiven Instandhaltung wird erst agiert, wenn ein Ausfall oder eine Fehlfunktion vorliegt. Es werden somit nur Maßnahmen durchgeführt, die notwendig sind. Dies sind meist Reparaturen, Austausch von Komponenten oder die Instandhaltung von defekten Teilen.
Diese Strategie ist meist kostengünstig, da keine regelmäßigen Kontrollen oder vorzeitige Reparaturen durchgeführt werden. Dadurch kann es allerdings zu unerwarteten Ausfallzeiten führen, was wiederum höhere langfristige Kosten durch größere Schäden zur Folge haben kann.
Sinnvoll ist diese Strategie bei Maschinen, die nicht kritisch für die Produktion und wenig fehleranfällig sind sowie geringe Reparaturkosten aufweisen.
Die präventive Instandhaltung
Die präventive Instandhaltung umfasst regelmäßige, geplante Wartungsarbeiten mit dem Ziel Ausfälle proaktiv zu vermeiden. Konkret bedeutet das, Teile auszutauschen, Schmierungen oder Inspektionen durchzuführen bevor Beschädigungen auftreten. Diese basieren auf festgelegten Intervallen, die aus dem Instandhaltungsplan hervorgehen. Die Wartungsintervalle können zeit- oder nutzungsbasiert sein.
Die Strategie hilft dabei, Ausfallzeiten zu minimieren und die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Sie eignet sich besonders für kritische Maschinen, die nicht ausfallen dürfen. Da der tatsächliche Zustand der Maschinen nicht berücksichtig wird, ist diese Strategie ineffizienter und kann überflüssige Maßnahmen verursachen. Daher ist sie bei nicht kritischen Anlagen nicht empfehlenswert.
Vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance)
Die Predictive Maintenance ist ein relativ neuer Ansatz und ist unter anderem das Kernstück der Industrie 4.0. Bei dieser Strategie wird der Zustand von Maschinen, Anlagen oder Geräten durch Echtzeitüberwachung vorhergesagt. Dadurch kann ein möglichst exakter Instandhaltungsplan erstellt werden.
Die Wartung und Instandhaltungsarbeiten können mit dieser Strategie gezielt und effizient durchgeführt werden. Auch der Personal- und Ersatzteilbedarf lässt sich dadurch besser einplanen, Unfälle werden reduziert und ungeplante werden zu geplanten Stopps.
Die Datenanalyse kann für Unternehmen allerdings eine Herausforderung sein. Hierfür müssen alle Maschinen vernetzt sein. Bei älteren Maschinen müssen gegebenenfalls Sensoren nachgerüstet werden, damit eine Kommunikation erst entstehen kann.
Zustandsbasierte Instandhaltung (Condition-Based Maintenance)
Diese Strategie verwendet Echtzeitdaten zur Überwachung des Anlagenzustandes. Wartungsarbeiten werden nur dann vorgenommen, wenn bestimmte Indikatoren auf ein potenzielles Problem hinweisen. Dies hilft bei der Optimierung des Wartungszeitplans und der Vermeidung unnötiger Arbeiten. Diese Instandhaltungsstrategie vermeidet mit Hilfe der Datensteuerung die verbundenen Risiken und Ineffizienzen der reaktiven und vorbeugenden Wartung.
Die zustandsbasierte Instandhaltung ist besonders wirtschaftlich. Die Wartungsintervalle sind sehr regelmäßig, sodass nur defekte Elemente repariert oder ausgetauscht werden. Dadurch kann auch der Einkauf entlastet und Lagerplatz für Ersatzteile eingespart werden.
Zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung (Reliability-Centered Maintenance)
Die zuverlässigkeitsorientiere Instandhaltung (RCM) ist ein fortgeschrittener Ansatz, der die Zuverlässigkeit der Anlage in den Fokus rückt. Sie reagiert auf nicht lineare Ausfälle, indem sie Analysen zu allen potentiellen Ausfallarten bereitstellt und einen Plan für die Stabilität der einzelnen Teile erstellt. Dieser Ansatz ist allerdings sehr umfangreich und birgt die Gefahr, dass viele Pläne erstellt, aber nicht erfolgreich ausgeführt werden.
Total Productive Maintenance (TPM)
Total Productive Maintenance ist ein ganzheitlicher Ansatz, der die gesamte Effektivität von Anlagen maximieren soll. Jeder Mitarbeiter wird hier in die Instandhaltung involviert – vom Geschäftsführer bis zu einfachen Angestellten. Dadurch wird die Umsetzung kompliziert und fordert oftmals einen Wandel in der Unternehmenskultur.
Etablierte Prozesse minimieren allerdings Ausfälle und steigern Effizienz, Qualität und Produktivität. Dadurch können nicht nur die Kosten reduziert, sondern auch die Wahrscheinlichkeit von Kundenbeschwerden minimiert werden. Die Mitarbeiter können nützliche Vorschläge zur weiteren Verbesserung der Prozesse liefern.
Die Wahl der richtigen Instandhaltungsstrategie
Um die passendste Instandhaltungsstrategie zu bestimmen, sollten Unternehmen zunächst eine gründliche Bewertung ihrer Anlagen durchführen, die Betriebsbedingungen analysieren, die kritischen Komponenten identifizieren und die Folgen von Anlagenausfällen auf den operativen Betrieb verstehen.
Die Kosten-Nutzen-Aspekte verschiedener Instandhaltungsansätze müssen gegeneinander abgewogen werden, wobei sowohl kurzfristige Wartungsausgaben als auch langfristige Investitionen in Betracht gezogen werden sollten.
Ein Unternehmen sollte weiterhin seine Kapazitäten für Datenerfassung und -analyse berücksichtigen, da fortgeschrittene Strategien wie die prädiktive oder zustandsbasierte Instandhaltung auf Echtzeitdaten und präziser Analytik basieren. Zudem ist es essenziell, das Personal in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, da diese Strategien erfolgreiche Umsetzung und Engagement auf allen Ebenen benötigen.
Unter Beachtung all dieser Faktoren kann eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen werden, die nicht nur die Besonderheiten der Industrie berücksichtigt, sondern auch auf die spezifischen Herausforderungen und Ziele des einzelnen Unternehmens zugeschnitten ist.
Der Instandhaltungsplan: Fahrplan zur Umsetzung effektiver Instandhaltungsstrategien
Der Instandhaltungsplan definiert, wie und wann Wartungsmaßnahmen durchgeführt werden sollten, um die gewählte Instandhaltungsstrategie effektiv zu implementieren. Er dient als detaillierter Fahrplan, der nicht nur geplante Wartungsaktivitäten enthält, sondern auch Richtlinien für unvorhergesehene Reparaturen und schnellere Reaktionszeiten bei Ausfällen liefert.
Dadurch werden die Instandhaltungsarbeiten optimiert, Ressourcen effizient eingesetzt und die Lebensdauer der Betriebsmittel maximiert. Zugleich wird das Risiko von Geräteausfällen und Ausfallzeiten minimiert.