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Interview: Die Automatisierung bleibt ein Erfolgsfaktor!

Wie entwickelt sich der Automatisierungsmarkt im Jahr 2024 – und darüber hinaus? Jürgen Lampert, CEO von Bürklin Elektronik, gibt im Markt&Technik-Interview einen Überblick über die zu erwartende Marktentwicklung, neue Herausforderungen und Schlüsseltechnologien. Die Fragen stellte Corinna Puhlmann-Hespen.

Vorweg gefragt: Welchen Stellenwert hat die Industrie-Automatisierung bei Bürklin?

Die industrielle Automatisierung ist für Bürklin über die letzten zehn Jahre immer bedeutsamer geworden. Für viele unserer Partner handelt es sich um den umsatzstärksten Absatzmarkt bzw. das wichtigste strategische Geschäftsfeld. Der Steckverbinder-Hersteller binder zum Beispiel beziffert rund zwei Drittel seines Jahresumsatzes zur Industrieautomation gehörend. Diese starke Dominanz ist bei vielen Herstellern sehr ähnlich.

Wie wird sich der Automatisierungsmarkt im Jahr 2024 entwickeln?

Wir sehen derzeit bei vielen Herstellern und Kunden eine eher abwartende Haltung. Aufgrund der aktuellen Situation mit den massiven Lagerbeständen, gepaart mit den wenigen Investitionen, wird es vermutlich noch einige Monate dauern, bis wir wieder eine Erholung sehen werden. Die Erwartungen für 2024 sind daher eher verhalten.

Der Markt hat sich nach den sehr starken Jahren 2022 und 2023 beruhigt und wird sicherlich wieder an Fahrt aufnehmen. Leider ist es im Moment sehr schwierig vorherzusehen, wann der Markt wieder anziehen wird. Steigende Bedarfe werden nach unseren Informationen nicht vor dem zweiten Halbjahr 2024 erwartet. Anderseits gibt es auch Hersteller wie Werma oder ept, die den reinen Automatisierungsmarkt als erstaunlich stabil betrachten und auch im Jahr 2024 mit einer weiter positiven Entwicklung rechnen.

Bürklin Elektronik CEO Jürgen Lampert im Interview mit Markt&Technik zum Thema Maschinen- und Anlagenbau

Jürgen Lampert, CEO Bürklin Elektronik

Neben den insgesamt eher gedämpften Erwartungen aufgrund des hohen Lagerbestands, welche weiteren Herausforderungen bzw. Risiken sehen Sie im Jahr 2024 auf die Branche zukommen?

Wenn wir den globalen Automatisierungsmarkt betrachten, werden Firmen aus der westlichen Hemisphäre zukünftig wie nie zuvor gefordert sein, wettbewerbsfähig zu bleiben! Es treten neue agile Marktteilnehmer aus China und weiteren Ländern in den Markt ein. Diese werden nicht nur den eigenen riesigen Markt dominieren, sondern auch bedeutende Marktanteile in den westlichen Sphären beanspruchen. Die Zeiten der Selbstverständlichkeit eines natürlichen Wachstums durch Erschließen von aufstrebenden Märkten ist daher wohl mit einem Fragezeichen zu versehen.

Des Weiteren verzeichnen momentan alle Partner enorme Kostensteigerungen durch die Verteuerungen bei Materialien, Personal und Energiekosten in Deutschland, bei gleichzeitig geopolitischen Spannungen, höheren Zinsen und gedämpfter Nachfrage. Gerade bei Automatisierungsprojekten sind aber große Investitionen wichtig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Investitionen können nicht mehr so einfach finanziert werden.

Weitere Herausforderungen sind die gesamte Materialdisposition für 2024, die Umsetzung der Cybersecurity-Anforderungen hinsichtlich intelligenter Produkte sowie die Umsetzung der EU-Vorgaben bezüglich des erweiterten Nachweises von Schadstoffen in Produkten, wie etwa PFAS. Und über all diesen Herausforderungen steht noch die Personalknappheit.

Wie schwer wiegt das Thema Fachkräftemangel aktuell?

Trotz Automation und AI wird gerade im Automationsbereich entsprechend ausgebildetes Personal dringend gesucht. Wir stecken in einem Wettkampf um die besten Talente. Würth Elektronik, als ein Beispiel, widmet sich verstärkt dem Thema Personalsuche mit einem neuen ‚Hightech Innovation Center‘ in München und der Eröffnung eines regionalen Hubs in Bochum. Wir befinden uns geographisch im Mittelpunkt der europäischen Elektronikbranche. Wo, wenn nicht hier, kann man junge Talente und interessierte Hochschulabsolventen finden!

Es sollte aber im Markt eine höhere Akzeptanz und das Vertrauen in neue, datenbasierte Geschäftsmodelle sowie in die Cloud-Technologie auf Seiten der Anwender ermöglicht werden. Neben der Suche nach IT-Personal, Softwareentwicklern und Elektrotechnikern ist es meines Erachtens wichtig, dass man sich noch stärker mit Digitalisierungstechnologien und Netzwerktechniken befasst. Hier müssen im Bildungsbereich klare Prioritäten gesetzt und die Lehrpläne angepasst werden.

Neben den angesprochenen Herausforderungen, welche Chancen ergeben sich durch neue Technologien? Gibt es Trends, die den Markt verändern?

Wir sehen mehrere Entwicklungen, die sich teilweise ergänzen. Zu nennen sind die gesamte industrielle Kommunikation, Single Pair Ethernet sowie die künstliche Intelligenz. Ein weiterer Trend sind Gleichstromnetze, die als zukünftiger Standard für die Stromversorgung von Anlagen und auch Servomotoren sehr interessant sind, da hier einfach weniger Wandlungsverluste auftreten.

Können Sie beschreiben, wie die Hersteller aktuell das Thema Gleichstrom in der Automatisierung aufgreifen?

Ein Unternehmen, welches das Thema Gleichstrom in der Industrie aktiv vorantreibt, ist zum Beispiel Lapp. Der Kabelhersteller hat in seinem Ölflex-Programm bereits Leitungen parat, die diesen Trend unterstützen. Des Weiteren erwarten Unternehmen wie Schurter und auch Würth Elektronik eine interessante Zukunftsentwicklung für Gleichstromnetze außerhalb der Kleinspannungsrichtlinien. Außerdem beobachten wir, dass im Rahmen der Energiewende immer mehr Insellösungen, sogenannte Microgrid-Systeme, entstehen. Diese kleinen dezentralen Einheiten können von den Effizienzgewinnen des Gleichstroms besonders profitieren.

Gefragt nach den technischen Trends 2024, haben Sie die Kommunikation und explizit Single Pair Ethernet angesprochen. Welche Entwicklungen bei den Herstellern beobachten Sie hier?

Single Pair Ethernet – kurz SPE – wird sicherlich eine der Schlüsseltechnologien sein. Die Frage ist nur, welcher Steckverbinder-Standard sich auf lange Sicht durchsetzen wird. Unabhängig von der Stecker-Frage gibt es aktuell viele industrielle cloudbasierte Plattformen, kollaborative Roboter sowie einen Trend zur kompletten Vernetzung von Sensoren, Aktoren, Maschinen und Geräten – hier wird Single Pair Ethernet überall eine wichtige Rolle spielen.

Bei Apem, Hersteller von Schaltern und Eingabesystemen, wird die cloudbasierte Automation in den nächsten Jahren stark im Fokus stehen und beim Mutterkonzern IDEC werden bereits Lösungen zur cloudbasierten Automation angeboten.

Der Steckverbinder-Hersteller binder sieht in seiner Perspektive immer mehr dezentrale Steuerungen, also eine Entwicklung weg vom klassischen zentralen Steuerungsschaltschrank. Dafür werden dann sicherlich auch die verschiedenen Systeme zur Leistungsversorgung, gepaart mit der Datenübertragung, weiter an Bedeutung gewinnen, wahrscheinlich kombiniert in SPE-Hybrid-Steckverbindern. Für Hersteller wie Werma, Technologieführer im Bereich Signalleuchten, eröffnet sich durch SPE zum ersten Mal die Möglichkeit, mit einfacher Verdrahtung Ethernet-Connectivity bis hinunter auf die Feldebene zu bringen.

Und welche Rolle spielen die zunehmende Vernetzung im Allgemeinen, Digitalisierung sowie KI bei ihren Partnern?

Die fortschreitende Vernetzung in der Automatisierungstechnik wird das Komponentengeschäft massiv verändern! Das zeigt sich zum Beispiel beim Lüfterhersteller Sepa, der sich auch auf einen erheblichen Einfluss der künstlichen Intelligenz einstellt. Mit eigens dafür optimierten Chips, wie von Nvidia, wird dann das Wärmemanagement auf eine neue Stufe gehoben. Ebenso wird IO-Link als zukunftsweisend und absolute Standard-Kommunikationstechnologie in der Sensor- und Aktor-Kommunikation von vielen Herstellern und Kunden betrachtet.

Und eines ist klar, wenn man von langfristiger Veränderung spricht, hat die künstliche Intelligenz die größte Bedeutung. Sie ist neben allen anderen genannten Punkten eine einschneidende Veränderung. Der Einsatz von KI ist nach Einschätzung unserer Kunden, Partner und Hersteller unabdingbar, um aus den großen Datenmengen die notwendigen Aktionen in Echtzeit abzuleiten.

Gibt es noch weitere Trends?

Für Hersteller wie Phoenix Contact oder Wago gibt es nicht die eine Schlüsseltechnologie, die im Fokus steht. Vielmehr geht es um alle Technologien, die kontinuierlich Eingang in die Automation finden. Neben den genannten Themen gehören dazu zum Beispiel 5G und WiFi 6 sowie TSN, also Time Sensitive Network.

Phoenix Contact ist im Automation-Portfolio in punkto Quantität eher nicht gewachsen, sondern die Produktbereiche wurden komplett auf IIoT angepasst, traditionelle Steuerungssysteme, respektive Software-Architekturen, wurden auf offene Systemplattformen umgestellt. Der Ansatz dahinter: ein Automation-Portfolio von heute sollte von Offenheit gegenüber Direktprodukten und deren Anwendungen geprägt sein. Diese grundlegende Veränderung im Portfolio hat zu überdurchschnittlichem Wachstum geführt, da der Bedarf an solchen Systemen riesig ist. Auch Wago verfolgt einen ähnlichen Ansatz.

Welche Rolle spielt die Internationalisierung?

Viele unserer Partner und Hersteller haben sich frühzeitig in den verschiedenen Ländern mit eigenen Vertriebsniederlassungen und teilweise auch Fertigungen positioniert. In Asien gibt es beispielsweise noch sehr viele Kunden, welche die deutsche Wertarbeit zu schätzen wissen und diese auch gerne bezahlen.

Die Internationalisierung ist je nach Branche sehr wichtig, stellt Chancen, jedoch auch zunehmend Gefahren dar. Trotz Internationalisierung gibt es noch immer sehr große Unterschiede zwischen Japan, USA und Europa. Nachhaltigkeits- und Resilienz-Themen werden vollkommen unterschiedlich in den Regionen priorisiert und behandelt.

In der Automatisierung gibt es viele deutsche Unternehmen, welche Weltmarktführer sind. Was macht die Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen besonders?

Durch diese Hersteller, die zum Beispiel führend bei Sensoren, Steuereinheiten, Aktoren und anderen Produkten sind, fühlen wir uns sehr gut positioniert. Aufgrund ihrer starken Innovations- und Finanzkraft sind diese Unternehmen wohl in der Lage, auch noch in vielen Jahren bedeutende und ertragsstarke Produkte zu entwickeln – auch wenn der internationale Wettbewerb immer größer wird. Stand heute können wir anhand unserer Zahlen klar erkennen, dass die Industrieautomatisierung ein bedeutender Erfolgsfaktor ist und sein wird.

Pressekontakt

Thomas Hinze-Clausen

Head of Marketing & Communication

[email protected]

+49 89 55875-265

Anschrift

Bürklin GmbH & Co. KG
Grünwalder Weg 30
D-82041 Oberhaching

Telefon: +49 89 55875-0
Fax: +49 89 55875-421
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