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Interview: Komponenten für den Geräte-, Maschinen und Anlagenbau - Mehr Intelligenz, größere Komplexität!

Im Geräte-, Maschinen- und Anlagenbau schreitet die Digitalisierung weiter voran. Wie sich der Markt und die Produkte dadurch verändern, erläutert Jürgen Lampert, CEO von Bürklin Elektronik, im Markt&Technik-Interview mit Corinna Puhlmann-Hespen.

Sie sind als Distributor im Bereich des Geräte-, Maschinen- und Anlagenbaus sehr aktiv. Was sind die besonderen Herausforderungen in diesem Marktsegment?

Die Anforderungen an Qualität und Sicherheit in diesem Marktsegment sind sehr hoch. Die Digitalisierung eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten und macht Produkte intelligenter, jedoch auch deutlich komplexer.

Für Hersteller und Distributoren ist es neben allen aktuellen Trends wichtig, das Obsolescence Management zu beherrschen. Die elektronischen Geräte sind zum Teil über Jahrzehnte lang im Betrieb und müssen über diesen Zeitraum zuverlässig und unter extremen Umweltbedingungen wie Temperatur, Schock, Vibration und Schadgas ihren Dienst verrichten. Dadurch ergeben sich hohe Anforderungen an die Langzeitverfügbarkeit: Produkte müssen zum Teil über Jahrzehnte lang angeboten werden. Auch die darin verbauten Komponenten sollten über diese Lebensdauer verfügbar sein.

Gleichzeitig wird und bleibt die Flexibilität ein wichtiger Faktor in der Industrie. Kleine Losgrößen und eine zunehmende Individualisierung erfordern modulare und flexible Automatisierungskonzepte. Damit verbunden sind offene Standards – ein bislang vernachlässigtes Thema –, welche Herstellerunabhängigkeit gewährleisten und kontinuierliche Transformationsprozesse erleichtern.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen im Geräte-, Maschinen- und Anlagenbau?

Als Distributor sehen wir Trends wie Nachhaltigkeit, Standardisierung und bei Lüftern speziell die Kompaktheit, Effizienz und Geräuschminderung. Und es gibt das große Thema der Digitalisierung. Sie hilft Unternehmen, Ineffizienzen, Schwachstellen und Zusammenhänge zu entdecken und zu verstehen. Vieles, was vorher unsichtbar abgelaufen ist, aber erhebliche Auswirkungen auf Ökobilanz, Betriebskosten oder Produktivität hatte, wird mittels digitaler Tools jetzt erstmals sichtbar. Mit der Digitalisierung lassen sich also ökologische und ökonomische Ziele zum Vorteil aller Akteure verbinden.

Elektrifizierung und Digitalisierung sind beispielsweise für Schneider Electric die Schlüssel zu einem sozial und wirtschaftlich verträglichen Klimaschutz. Klimafreundliche Technologien und ein kleinstmöglicher ökologischer Fußabdruck haben aus unserer Sicht einen zunehmenden Einfluss. Die Energieversorgung, Energieverteilung, vernetzte Mobilitätsmodelle – wie Fahrtreppen, Aufzüge, Elektrofahrzeuge und Carsharing im Nahverkehr – sind ein treibender Motor für weiteres Wachstum im Anlagenbau. Die vorausschauende Wartung wird als Faktor dann ebenso wichtig.

Bürklin Elektronik CEO Jürgen Lampert im Interview mit Markt&Technik zum Thema Maschinen- und Anlagenbau

Zur Person

Jürgen Lampert
Jürgen Lampert ist seit Februar 2022 Chief Executive Officer (CEO) bei Bürklin Elektronik. Mit seiner Bestellung steht erstmals in der Unternehmensgeschichte ein familienfremdes Mitglied an der Spitze des Familienunternehmens.

Wie weit sind ihre Kunden in der Umsetzung von Industrie-4.0-Prozessen?

Unsere Kunden und Hersteller in den Anwendungsfeldern Industrial and Building Automation sind da vielfältig unterwegs. Unternehmen wie zum Beispiel Schneider Electric sehen den Markt auf einem guten Weg, dennoch sind unverändert große Defizite vorhanden.

Einer Erhebung zufolge gaben im Jahr 2022 ganze 35 Prozent der befragten deutschen Unternehmen an, bisher keine Industrie 4.0-Technologien zu nutzen. In zahlreichen einschlägigen Studien wird die hohe Komplexität des Themas als Hinderungsgrund genannt. Und damit ist nicht nur die technische Umsetzung gemeint. Denn bei der digitalen Transformation kommt es darauf an, sämtliche Abteilungen und Berufsgruppen einzubeziehen.

Ein weiterer Hemmschuh in Sachen Industrie 4.0 ist die mangelnde Interoperabilität von IoT-Komponenten. Denn die unterschiedlichen Steuerungs- oder Datensysteme, die sich in deutschen Werkshallen finden, sprechen nicht dieselbe Sprache. Das erschwert die durchgängige Vernetzung von Komponenten, Systemen, Standorten und Menschen massiv.

Andererseits sind die Komponenten für eine durchgängig vernetzte Industrie bereits heute verfügbar. Welche neuen Merkmale weisen diese Produkte auf? Können Sie Beispiele aus ihrem Portfolio nennen?

Grundsätzlich sehen wir bei den Komponenten Punkte wie erweiterte Diagnosefunktionen zur Überwachung der Lebensfunktionen, Parametrierung des Gerätes, Fernwartung sowie High Speed Kommunikation vom Sensor in die Cloud und Integration von Bus- oder IO-Link-Funktionalitäten als wichtige Merkmale in der Umsetzung. Unser Partner ept unterstützt die Kunden beispielsweise schon in der Entwicklungsphase bei High-Speed-Simulationen mit exakten Modellen der Steckverbinder, den sogenannten ‚digitalen Zwillingen‘ und bei Beratung zur elektromagnetischen Verträglichkeit.

Ein weiteres Beispiel sind Werma-Signalsäulen, die untereinander vernetzt und ebenfalls als digitaler Zwilling visualisiert werden können. Viele unserer Kunden setzen bereits die Lösungen zum visuellen Management in Kombination mit den Signalgeräten ein, um bestehende Prozesse zu optimieren. Mit Hilfe von Ruf-, Melde- und Assistenzsystemen ist es jetzt auch möglich, Stillstandzeiten drastisch zu reduzieren und die Produktivität im gleichen Maße zu steigern.

Im Zuge der Digitalisierung bekommen Komponenten wie Stecker auch eigene Intelligenz. Welche neuen Ansätze gibt es diesbezüglich?

Da fallen einem sofort die Smart Connectors ein – das ist eine neue Technologie für Switche inklusive der Bus-Anbindung. Hersteller wie Rafi haben mit IO-Link-Komponenten, der ‚E-Box‘ und ‚Tilted Diamond+‘ ihre Produkte schon frühzeitig mit eigener Intelligenz versehen. Die ‚KIS.ME‘-Komponenten sind alle in Verbindung mit der Cloud-Plattform ‚KIS.MANAGER‘ direkt vernetzt. Andere Steckverbinder-Hersteller separieren den Intelligenzgedanken noch völlig von der Hardware und sehen zum Beispiel bei Board-to-Board-Steckern direkt auf der Leiterplatte keinen Sinn in der Funktionsintegration von Intelligenz. Ein Argument ist immer noch, dass es preiswerter ist, die benötigte Intelligenz neben den Steckverbindern zu platzieren.

In der Sensor- und Kameratechnik schaut es wieder anders aus. Viele der Kunden aus diesem Bereich integrieren zunehmend immer weiter intelligente Funktionen in ihrem Gerät. In der Kameratechnik für die Objektüberwachung sehen wir aktuell sogar die Integration von ganzen High-Performance-Computern mit Funktionen der künstlichen Intelligenz. Werma hat vor einiger Zeit Transceiver neben seinen bekannten Signalsäulen eingeführt. Sie übertragen per Funk Statusinformationen der Signalsäule in ein Anwender-Cockpit unabhängig vom Fabrikat, Arbeitsplatz, Maschine oder Transferlinie. Alle Informationen können vernetzt analysiert, ausgewertet und Verbesserungspotenziale aktiviert werden. Grundsätzlich setzen sich unsere Kunden, Partner und Hersteller sehr individuell mit dem Thema Digitalisierung/KI und zusätzlicher Intelligenz auseinander.

Genauso wichtig wie die zunehmende Funktionalität von Systemen scheinen die klassischen Themen wie Miniaturisierung sowie Robustheit der Komponenten zu sein. Können Sie bestätigen, dass hier die Entwicklungsaktivitäten genauso dynamisch vorangehen?

Das kann man im Detail ziemlich genau beobachten: Der Hersteller Schurter als Beispiel fokussiert sich auf Miniaturisierung und Robustheit für AEC-Q200-Prüfungen im Bereich Schaltungsschutz, im Bereich Schalter und Steckverbinder auf IP-Schutz, auf einen erweiterten Spannungsbereich, Green Products und eine verbesserte Lebensdauer. Miniaturisierung und Robustheit scheinen auf dem ersten Blick in Widerspruch zu stehen, jedoch ist es möglich, durch ein durchdachtes Design und die Verwendung von innovativen Materialien trotz Miniaturisierung eine bessere Robustheit beispielsweise bei Steckverbindern zu erzielen

Die Steckverbinder-Serie „Zero8“ von ept erzielt mit einem Raster von 0,8 mm trotz des geringeren Maßes im Vergleich zum 1,27-mm-Raster bessere Werte bei Stromtragfähigkeit und den mechanischen Belastungswerten. Das ist interessant, weil technisch höhere Ströme gegen eine Miniaturisierung sprechen. Gleichermaßen wird angestrebt, redundante Systeme zu entwickeln und die Sicherheit in der Systemfunktionalität zu erhöhen. Rafi bietet ebenfalls ein schönes Beispiel mit seiner neuen Generation an Mikrotastern an. Bei der „MICON 5 Safety“-Serie handelt es sich um Mikrotaster mit medienrobuster Elektronik im Verguss, einer Nanobeschichtung und erhöhter IP67-Dichtigkeit, zusammen mit Öffner- und Schließer-Kontakten, die integriert in einem Taster aufgebaut sind.

Neben einzelnen Komponenten und Baugruppen gilt es oft, das komplette System zu verkaufen oder zu optimieren. Wie unterstützen die Hersteller mit Bürklin Elektronik diesen Systemansatz?

Grundsätzlich gilt es, ein breites Portfolio als High-Service-Distributor anzubieten. Es geht um das Gesamtsortiment für unseren Kunden und nicht nur die Bestseller. Kundenspezifische Lösungskonzepte gilt es zusammen mit dem Kunden und dem Hersteller zu erarbeiten und Feedbackschleifen für die Integration von Einzelkomponenten, Software und Baugruppen in die Gesamtlösungen einzubauen. Schurter verfolgt diesen Ansatz seit Jahren mit dem Bereich Solutions, der alle Kompetenzen bündelt. Das Unternehmen bietet auch Dienstleistungen im EMV-Messservicebereich an, um die Kundensysteme zu optimieren bzw. die für den Kunden optimalen Lösungen zu finden.

Das Ziel von ebm-papst im Lüfterbereich ist, immer eine Systemlösung anzubieten. Das System kann aus Lüfter, Controller Board und Mechanik bestehen oder nur aus Lüfter, Flow Grid oder Schutzgitter. Solche Top-Hersteller wie ebm-papst haben dazu noch die Expertise und Möglichkeit, komplette Kundensysteme nach Luftleistung und Geräuschpegel zu messen. Komponentenhersteller wie ept verfolgen mit den Produktreihen den Ansatz: „Zero limits / One fits all“. Das heißt, es werden mit den jeweiligen Anwendungsfeldern ganze Produktfamilien angeboten, mit denen dem Entwicklungsingenieur keine Grenzen zwecks Auswahl und spezifischer Anforderung gesetzt werden.

Bürklin Elektronik bietet hochwertige Produkte für den Schaltschrankbau
„Die Anforderungen an Qualität und Sicherheit in diesem Marktsegment sind sehr hoch. Die Digitalisierung eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten und macht Produkte intelligenter, jedoch auch deutlich komplexer.“

Wie hat sich das Marktsegment „Geräte-, Maschinen- und Anlagenbau“ bei Bürklin Elektronik und Ihren Partnern entwickelt und welche Erwartungen bzw. Ziele haben Sie für die Zukunft?

Rückblickend kann man feststellen, dass die letzten drei Jahre von stabilem und auch starkem Wachstum im zweistelligen Prozentbereich geprägt waren. Unsere Kunden und Partner gehen aber auch gleichermaßen von einem Wachstumspotential für die nächsten fünf Jahre aus. Kurzfristig stellen wir aber für den Zeitraum des Geschäftsjahres 2023/24 eine deutliche Beruhigung fest.

Was die langfristige Entwicklung dieses Marktsegments anbelangt, hat sich gezeigt, dass wir Lösungen für ein höheres Automatisierungsniveau benötigen, wenn es zum Beispiel um mehr Flexibilität, weniger Ressourcenverbrauch oder Ausfallsicherheit geht. Nur so können wir erstens dem Fachkräftemangel entgegenwirken und zweitens auch in Deutschland auf Dauer konkurrenzfähig bleiben.

Pressekontakt

Thomas Hinze-Clausen

Head of Marketing & Communication

[email protected]

+49 89 55875-265

Anschrift

Bürklin GmbH & Co. KG
Grünwalder Weg 30
D-82041 Oberhaching

Telefon: +49 89 55875-0
Fax: +49 89 55875-421
E-Mail-Adresse: [email protected]

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